Wissenschaftliche Basis

1997 begann Saras D. Sarasvathy, Wissenschaftlerin und selbst Unternehmerin, ihre Reise mit der sie den Grundstein für die Effectuation-Forschung legte. Während ihrer Dissertation bei Herbert Simon untersuchte sie Entscheidungsprozesse erfahrender Entrepreneure. Sie definierte dabei die Experten unter den Unternehmern als Personen, die allein oder im Team ein oder mehrere Unternehmen gegründet hatten, mindestens zehn Jahre unternehmerisch tätig gewesen waren und zumindest ein Unternehmen an die Börse gebracht hatten.

Für ihre Forschungsarbeit traf sie sich mit diesen, indem sie eine Liste mit den Top-Entrepreneuren der USA als Akquisitionstool nutzte, und hörte sich deren Geschichten an. Die 30 Unternehmer, die an dieser ersten Studie teilnahmen, lösten darin mehrere Entscheidungsprobleme über ein fiktiv angenommenes Unternehmen und sprachen währenddessen laut darüber, was sie dachten. Mittels einer Protokollanalyse arbeitete Sarasvathy sich durch die 80 Stunden Sprachaufnahmen und 1.500 Seiten an Daten. Was ihr während der Interviews schon auffiel, machten die gesammelten Protokolle deutlich: Erfahrene Entrepreneure zeigten eine ausgeprägte Art logischen Denkens, die sehr rational und vor allem unternehmerisch war, aber eben doch anders als klassisch kausal-logisches Denken. Sarasvathy identifizierte daraus Prinzipien, wie erfahrene Entrepreneure denken und handeln. Sie nannte diese Denklogik „Effectuation“. Über 63 Prozent der teilnehmenden Unternehmer wandten in 75 Prozent der Zeit, also während des Lösens der Aufgaben, Effectuation-Prinzipien an.

Andere unabhängige Studien und Forschungsergebnisse über Experten- vs. Novizentum folgten, wie z. B.  ein Vergleich zwischen erfahrenen Marketingmanagern und MBA-Studenten oder zwischen Business Angels und Risikokapitalgebern. 89 Prozent der Experten wandten bei den Problemstellungen ebenfalls häufiger ein effectual-logisches Denken an. Novizen hingegen wandten in 81 Prozent der Fälle kausal-logisches Denken an. In den Studien wurden Protokollanalysen, Fallbeispiele und Geschichten neu gegründeter Unternehmen und neu geschaffener Märkte verwendet. Tatsächlich lieferten die Ergebnisse ebenfalls Beweise für ein effectual-logisches Denken bei den Entscheidungsfindungsprozessen erfahrener Entrepreneure und Experten. Effectuation ist deren bevorzugte Art zu denken.

Effectuation begründet somit eine Theorie unternehmerischer Expertise und Erfahrung. Schlägt man den Begriff „Effectuation“ in Off- und Online-Wörterbüchern nach, so wird der englische Begriff mit „etwas bewirken“, „verwirklichen“, „umsetzen“ oder auch „einen praktischen Nutzen erzeugen, um etwas zu erreichen“ umschrieben. Das Verb „to effectuate“ wird mit „etwas bewirken, erzielen und herbeiführen“ übersetzt. Die effectuale Denklogik kann im Deutschen auch als die Logik der unternehmerischen Wirkung bezeichnet werden – dies unterstreicht und betont den unternehmerischen Entscheidungs- und Handlungsaspekt der Effectuation.

Nach über beinahe zwei Jahrzehnten ist der Effectuation als State-of-the-Art-Ansatz der Entrepreneurship-Forschung anerkannt und etabliert sich auch immer mehr in der Lehre und praktischen Anwendung bei Unternehmensgründungen, aber auch in Organisationen. Führende Hochschulen arbeiten an und mit der Effectuation-Theorie, unzählige Forschungsarbeiten sind in anerkannten Journals veröffentlicht und auch Mainstream-Medien, wie z. B. die Harvard Business Review, Magazine und Tageszeitungen haben der Logik der unternehmerischen Wirkung – Effectuation – Raum reserviert.

Durch die extensive Forschungsarbeiten und die zu Grunde liegenden Einflüsse verwandter Disziplinen – wie der Philosophie, Soziologie und Psychologie – ist Effectuation mehr als eine Sammlung an Prinzipien oder Heuristiken und mehr als eine Methode ohne wissenschaftlich-starke Wurzeln. Eine Übersicht dazu stellt die Society of Effectual Action (SEA) im Internet zur Verfügung.

Mit diesen starken wissenschaftlichen Wurzeln ist Effectuation klar kein abstraktes Modellkonstrukt, sondern in der Praxis unmittelbar anwendbar und wirksam!